Schockerberg versöhnt die ganze Welt
Gute Einzeldarbietungen zum Warmwerden, das Singspiel als Höhepunkt und zum Rausschmiss die dreisten Sprüche der Hohenfurcher Feuerwehrkapelle: Das bewährte Muster des Schongauer Schockerbergs hat wieder bestens funktioniert. Eine Überraschung war der Moderator.
Dr. Oliver Kellermann hielt die Begrüßung kurz: „Einen schönen Abend und trinkt das Bier leer“, das waren die zentralen Begrüßungsworte des CSU-Ortsvorsitzenden. Auch das Anzapfen übernahm er souverän mit einem Schlag – und stürzte Nick Lisson in Verzweiflung: „Das war’s schon?“, klagte er. Lisson, bekannt von Antenne Bayern, gleichzeitig Kreischef der Jungen Union, hatte die Moderation an allen drei Aufführungstagen übernommen und freute sich „wahnsinnig“ auf seinen ersten Schockerberg.
Der begann mit der Fastenpredigt von Bruder Okulus alias Robert Kassebaum. Nach der überzeugenden Premiere im Vorjahr war es etwas zäher, er brauchte, um auf Touren zu kommen. Doch die Schongauer Themen saßen: Ob beim helleren Licht am Bahnhof („Ein Grablicht ist besser als keins“) oder mit Spitzen auf Wirtschaftsförderin Yvonne Voigt oder ALS-Stadträtin Bettina Buresch. die gerne und lang reden. Manchmal war Okulus derb, aber immer im Rahmen. Das Beste kam zum Schluss: Mit dem Blick in die Zukunft löste er Lachsalven aus. Etwa wegen der Prophezeiungen, dass im September 2025 Ministerpräsident Friedrich Zeller ankündigt, Bundeskanzler zu werden oder im Mai 2026 der neue Schongau Bürgermeister Rene Repper beschließe, die Fußgängerzone auf die ganze Altstadt auszuweiten.
Markus Wühr mit vogelwildem Auftritt
Nach einer pause, überbrückt vonder Schongauer Stadtkapelle, gab Marianne Porsche-Rohrer anschließend den Maler Cobi Reiser, dessen Bilder vergangenes Jahr für viel Aufsehen gesorgt hatten. Wie immer gereimt und auswendig, verpackte sie Kritik geschickt und hintersinnig. „Ich malte auch noch für andere Schulen, doch nur in Schongau begann man um mich zu buhlen“, war eine Anspielung auf Rettungs-Initiatorien Irmgard Schreiber-Buhl. Fußgängerzone, Bike-Park, Sauna-Erweiterung, dazu Spitzen auf die Dialekte von Bürgermeister Sluyterman und Krankenhaus-Chef Lippmann – Porsche-Rohrer arbeitete viel ab.
Vogelwild war erneut der Auftritt von Markus Wühr alias Luigi aus Alto Adige mit seinem überdimensionalen Gebiss. Seine absurden Berichte über Krankenhaus-Aufenthalte, Vegetarier („beim Tofu-Metzger hängen hinten geräucherte Karotten statt Schinken“), die Liebe zu Jennifer Lopez oder seinen Berufwunsch Pilot sorgten für viel Gelächter.
Im Singspiel waren schon die ersten Szenen genial. Wie Luitpold Braun als Geheimagent „007 Horst Seehofer“ mit Julia Eberle als „Moneypenny Ilse Aigner“ flirtet, war James Bond pur. Danach das Kanzlerbüro mit Anna Eberle als „M Angela Merkel“ vor einem Plakat von sich selbst in Krisensitzung mit Michael Reith („008 Alexander Dobrindt“), Thomas Henneke („08/15 Markus Söder“) und Seehofer. Sie versuchen verzweifelt, die Wiederwahl im September gegen SPD-Konkurrent Martin Schulz zu sichern. Doch die Ideen („Ihn im See versenken“, „Selbstmord-Attentat“) lehnt Merkel ab.
Die Rettung ist Michael Eberle („Q“) mit seinem DCPEVP-Gefährt, quasi einer mit Starkbier angetriebenen Zeitmaschine. Die nutzt die Merkel-Truppe, um direkt in die Gemächer „erfolgreicher“ Herrscher zu reisen. Also überraschen sie Donald Trump (Robert Stöhr) im mit US-Fahnen dekorierten Himmelbett mit Ehefrau Melania (Johanna Stöhr). Doch dessen Tipps (Trump: „Baut eine Mauer, irgendwo.“ Merkel: „Das hatten wir schon.“ Trump: „Dann versuch’ was mit Rassismus, das geht immer.“ Seehofer. „Das geht auch nicht, die Asylbewerber hat sie selber eingeladen.“) überzeugen Merkel nicht wirklich. Nach dem Lied „Oh, Trump Donald, make us great again“ nach der Melodie von „Oh Susanna“ geht’s weiter in die Türkei, zu Recep Erdogan.
Putin und Erdogan können auch nicht helfen
Den gibt Kassebaum als genialen Proleten-Türken mit „voll krass“-Attitüde: „Was will die alte Frau hier? Ohne Kopftuch, ich glaub’ ich spinn’“, schimpft er über Merkel. Doch weil auch dessen Tipps, am besten alle ins Gefängnis zu werfen, nicht helfen, reist die deutsche Fraktion nach Russland zu Wladimir Putin, hervorragend gespielt von Max Bertl. Nachdem er einen Bär (Benni Keltsch) per Hand erlegt hat, füllt er die Deutschen erst einmal mit Wodka ab und bietet an, Soldaten und Panzer zu schicken. Dobrindt würde sich schon über Manipulationen der russischen IT-Experten freuen. Doch die Forderung, im Gegenzug müsse Russland das nächste Fußball-WM-Finale 3:0 gegen Deutschland gewinnen, folgt zur nächsten Abreise.
Nach der Rückkehr mit Kater im Kanzleramt, folgt schließlich das große Finale – und der Putsch: Zur Musik von „Kriminaltango“ wird zuerst die Kanzlerin um die Ecke gebracht, dann alle anderen – bis zum Schluss überraschenderweise nur Moneypenny übrig bleibt. Doch: „Was mache ich so ganz allein?“, sagte sie. Deshalb erwachen alle wieder, auch Trump, Putin und Erdogan sind da, und sie plädieren für Zusammenhalt: „In einer Welt, wo es zischt und kracht, sind wir nur gemeinsam eine Macht“, lautet das Schlusslied – die Schongauer CSU als große Welt-Versöhner. Auch wenn das Ende etwas kitschig ist, war das Singspiel wieder ganz großes Kino.
Als weiterer Auftritt kann man danach eigentlich nur verlieren. Doch der Hohenfurcher Feuerwehrkapelle gelang es, das Publikum auch nach mehr als vier Stunden noch zu fesseln – schon allein mit ihrem Start: Sie marschierten mit orientalischer Musik und türkischen Fähnchen ein, Frontmann Jürgen Fischer plärrte von der Bühne türkisches Kauderwelsch – bis er feststellte: „Sind wir nicht bei der Veranstaltung des türkischen Verkehrsministers? Volle Themaverfehlung.“
Dieser brillanten Parodie auf den deutsch-türkischen Streit um Wahlkampfauftritt folgt ein Gag-Feuerwerk. Traditionell wurden die Schongauer beschimpft, zum Brüllen komisch war Fischers „Schonglisch“-Übersetzung. Da wurde aus Sluyterman der „Burger-King“, sein Friseur zum „Helmut Hungry“, Oliver Kellermann zum „Mr. Underground“ und Marianne Porsche-Rohrer zur „Carrera-Mary“. Er lederte wiederholt übers Schongauer Brauhaus und den dortigen Starkbieranstich ab. Fischer bot sich als neue Attraktion für den Historischen Markt an, „zum halben Preis“ – sprach’s, setzte sich einen Wikinger-Helm auf und machte Furunkulus nach. Als Zugabe gab’s einen Sportbericht vom Bike-Park, bei dem unter anderem Michael Eberle („Lebensmotto: Leibgericht statt Amtsgericht“) auf die Schippe genommen wurde. Danach war’s aus – und jeder freut schon aufs nächste Jahr.